Ich bin wieder Da!
- L.
- 29. Juli 2018
- 4 Min. Lesezeit
Lang lang ist’s her. Doch hiermit setze ich dem Komazustand meines Reiseblogs ein jähes Ende! Ich beginne aber nicht mit einer weiteren Anekdote von der Reise, nein, ich erzähle Euch, wie mir die Rückkehr ergangen ist. Stichwort: fatal.
Der 26. Juni war es. Schon einen Monat ist es her. Am 26. Juni setzten wir unsere mittlerweile prallere Hinterpartie in die engen Flugzeugsitze. Leider mussten wir unsere liebe Freundin J., die uns in Cuba einen Besuch abgestattet hatte und daraufhin die Mädels Reise nach Cancún und Miami bereichert hatte, in Miami zurücklassen. Manche würden sagen: schlechte Freunde. Wir sagen: schlechte Reiseberaterin! Es hat sich herausgestellt, dass J. zwar den gleichen Flug zur selben Uhrzeit wie wir hatte – leider einen Tag später. Die nette Frau im Reisebüro hielt wohl einen Blick für ausreichend und buchte den falschen Flug. Halb so wild, sie hat es überlebt. In Miami findet man schnell andere Gesellschaft.
Während sich J. also alleine, oder eben nicht alleine, in Miami vergnügte, sassen M. und ich mit einem weinenden und einem glücklichen Auge im Flieger. Wir freuten uns auf Zuhause. Auf Freunde. Auf Familie. Auf unser Bett und unseren Kleiderschrank, der natürlich ganz viel Nachwuchs erwartete. Ausserdem freuten wir uns auf gutes Brot und noch besseren Schweizer Käse!
Im selben Moment hätten wir trauriger nicht sein können. Es fühlte sich an, als wären wir erst gestern gestartet. Wo ist die Zeit hin? Es war geradezu schockierend zurückzublicken und sich bewusst zu werden, dass es nun vorbei ist.
Bevor wir nun aber unser Sitzfleisch in die uns zugeteilten Sitze platzieren konnten, stoppte uns eine spanische Grossfamilie. 4 Kinder und ihre Eltern fühlten sich scheinbar pudelwohl auf unseren Plätzen. Der väterliche Versuch, seinen Sohn neben die Schwester zu setzen, um uns Platz zu machen, endete in fürchterlich dicken Tränen. Uns blieb folglich nichts Anderes übrig, uns andere Sitze zu suchen – möglichst weit weg dachte ich mir! Zu meinem Bedauern durften wir uns eine Reihe vor die 3 Jungs mit Vater setzen – neben die kleine Tochter mit Mutter. M. ergatterte sich den Gangplatz. Mitte für mich. Ich verabschiedete mich also noch vor Abflug von einer angenehmen Reise. Wieso so pessimistisch? Bauchgefühl. Und das Bauchgefühl behält bekanntlich immer, oder fast immer, Recht.
Nachdem die Kleine einen Kinderfilm nach dem anderen angefangen und wieder abgebrochen hatte, fiel sie irgendwann in die Fänge des Sandmanns. Sie legte sich mit dem Kopf auf den Schoss ihrer Mutter, die übrigens zeitgleich ihre Augen schloss. Keine fünf Minuten später begann die Attacke. Sie begann mich zu treten, ihre Füsse in mein Gesicht zu strecken oder zur strampeln. Alle Versuche meinerseits, diesem Treiben ein Ende zu setzen, waren erfolglos. Ich versuchte sogar, die Mutter in mehreren Anläufen zu wecken, oder den Vater aufmerksam zu machen. Nada. Es wirkte, als hätte man der ganzen Familie Tropfen ins Essen gemischt. Wie kann man überhaupt dermassen seelenruhig in einem Flugzeug in den Schlaf fallen? Ich wurde also stundenlang getreten und durfte mir die verschwitzten Socken einer vierjährigen des Öfteren durch die Nase ziehen. Jeglicher Versuch, selbst einzuschlafen, endete mit einer Attacke der kleinen Spanierin. Ich schaute also solange Filme, bis meine Augen viereckig wurden.
In Madrid wurde ich schliesslich erlöst. Völlig übermüdet wandelten wir zu unserem Anschlussflug. Die Augen offen zu halten war eine Qual, die überstanden werden musste.
Der Flug nach Hause verlief dafür reibungslos, und unsere Sehnerven erhielten wenigstens ein Stündchen Ruhe.
Am Flughafen erwarteten mich meine Eltern mit unseren beiden Hunden. Mir kamen fast die Tränen – doch die Übermüdung war Schuld am Sahara-Zustand meiner Augen. An Tränenproduktion war demnach nicht zu denken.
Der Moment war trotzdem überwältigend schön! M.’s Bruder und Vater standen nicht weit entfernt, und so fielen wir uns alle in die Arme.
Der erste Abend, die erste Nacht und der erste Morgen waren toll. Die Rückkehrfreude war noch so frisch und so gross. Am Abend darauf gingen wir als Familie essen. Ein gelungener, lustiger Abend. Danach traf ich mich mit M. und P. – Schweiz gegen Costa Rica spielte. Wir jubelten natürlich für beide.
Alles wirkte soweit schön, toll, lustig und idyllisch. Doch dann verschwand die Rückkehr Freude und jeder kehrte zum normalen Alltag zurück - ausser ich. Es war nichts mehr Besonderes, dass ich zurück war. Ich wurde geplagt von Jetlag und riesiger Sehnsucht nach Lateinamerika. Ich fiel in ein selbstkreiertes Loch aus Trauer, Lustlosigkeit und Selbstmitleid. Mein Bett verliess ich nur noch, um auf die Toilette zu gehen. Auf Essen hatte ich kaum Lust. Es war ja auch schon ewig her, als ich das letzte Mal gekocht hatte. In Cuba hatten wir nie die Möglichkeit, selbst für Essen zu sorgen. In Cancún und Miami hielt sich diese Bequemlichkeit hartnäckig. Und in Zürich auch.
Ich wusste gar nicht, was ich mit mir anfangen sollte. Ich merkte, dass sich das Leben aller anderen weitergedreht hatte. Nichts und Niemand haben auf mich gewartet.
Die Hunde und P. gaben mir viel Trost. Aber ich kam einfach nicht aus diesem Depressions-Loch raus. Ich musste schnell wieder weg! Und das habe ich dann auch gemacht.
Mit meiner Schwester bin ich nicht einmal eine Woche später nach Portugal an die Algarve in ein Surfcamp. Puuuuuh, das war nötig!
Manche mögen nun eventuell den Kopf schütteln und können mein Luxusproblem nicht nachvollziehen. Ich möchte euch sagen, liebe Leser, die Rückkehr nach fast 5 Monaten täglichem Abenteuer ist nicht leicht. Man kehrt in eine Welt zurück, in der jeder seiner Routine nachläuft. Und du selbst hast gar keine Routine mehr. Du hast jeden Tag etwas Neues erlebt, Menschen aus aller Welt kennengelernt, sich in einer anderen Sprache verständigt und eine ganz andere Umwelt um dich gehabt. Andere Menschen, Tiere, Pflanzen, Früchte, Strassen, Sitten, Getränke, Produkte, politische Sytsme etc. Ein ganz anderes Klima. Mehr Sonne, mehr Meer. Und für mich mehr Lebensfreude, mehr lachende Gesichter.
Ihr seht, meine Sehnsucht ist noch immer gross. Doch nach der Rückkehr aus Portugal, aus einem einwöchigen Urlaub, fühlte ich mich mehr willkommen und weniger komisch. Kurz darauf war mein Geburtstag, und ich konnte endlich wieder Freunde sehen! Zuvor waren sie überall verstreut, auf Festivals, im Urlaub oder am Arbeiten. Nun waren sie da und haben mich herzlichst zurückempfangen. Ein guter Start in die Zurückentwöhnung.
Um mein über alles geliebtes Lateinamerika nicht zu vergessen und all die Dinge, die wir erlebt haben, wieder im Kopf erleben zu können, werde ich schreiben. Ich freue mich darauf. Ich hoffe, Ihr auch!
¡Hasta luego!
L.

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